„Ich gehe freundlich, rücksichtsvoll und höflich mit anderen um.“
1999 erschien das Kinderbuch „Der Grüffelo“ der britischen Autorin Julia Donaldson. Illustriert wurde es von Axel Scheffler. Die Geschichte einer Maus wird erzählt. Auf einem Waldspaziergang erfindet diese ein Ungeheuer namens „Grüffelo“. Ihm begegnet sie später tatsächlich. Eine eindeutige Einordung in Gut oder Böse der unterschiedlichen Charaktere in diesem Buch erfolgt zwar nicht, aber drüber lässt sich im Unterricht trefflich nachdenken und diskutieren. Kleine und große Menschen erleben sowohl beides mit sich und anderen.
„Ich gehe freundlich, rücksichtsvoll und höflich mit anderen um.“
Muss ich das betonen? Es auf die Schulwebsite stellen? Ist doch selbstverständlich, nicht wahr? Vor allem in der St. Franziskus-Grundschule und im Hort. In einem lebendigen Miteinander von kleinen und großen Leuten, die sich unter der Woche beinahe täglich begegnen. Jenes Zitat, das J.W. v. Goethe zugeschrieben wird, spielt nicht nur an den Schulen der Edith-Stein-Schulstiftung eine Rolle: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern mitbekommen: Wurzeln und Flügel.“ Was im ersten Moment wie ein Widerspruch klingt – wie soll ich fliegen können, wenn ich fest verwurzelt bin? Wie kann ich Wurzeln haben, wenn ich fliege? – hat es in sich. Was bedeutet das?
„Ich gehe freundlich, rücksichtsvoll und höflich mit anderen um.“
Dass eine Basis im wahrsten Sinn des Wortes grundlegend ist, trifft nicht nur für Schule und Hort zu. Eine gewisse Erdung ist ebenso erforderlich. Eine entsprechende Standfestigkeit, möchte ich nicht beim ersten Gegenwind im wahrsten Sinn des Wortes umgeworfen werden. Wovon auch immer. In seinem Brief an die Gemeinde in Kolossä (Kol 2, 7) in der heutigen Westtürkei schreibt der Apostel Paulus es so: „Bleibt in Christus verwurzelt und auf ihn gegründet, gefestigt durch den Glauben, in dem ihr unterrichtet wurdet! Seid voller Dankbarkeit!“ Jesus Christus als (Glaubens-)Fundament kann förderlich und interessant sein. Sogar für die, die nicht getauft wurden und sich nicht zu einer Kirche zählen. Denn das, was Grüffelo rechts an der Wand im Eingangsbereich des Hortes denen zeigt, die es lesen, ist für alle Menschen guten Willens etwas, auf das sie bauen können.
„Ich gehe freundlich, rücksichtsvoll und höflich mit anderen um.“
Freundlichkeit, Rücksicht und Höflichkeit sind nicht von gestern oder gar überholt. Spätestens dann, wenn mir im übertragenen Sinn Flügel gewachsen sind, ich manches an Leichtigkeit und Unbekümmertheit verloren und ich altersbedingt nach und nach immer mehr Verantwortung für mein Tun und Lassen bekommen habe, frage ich mich: Was beflügelt mich? Dabei geht es nicht um den Werbespruch eines Energydrinks. Sondern um das, was mich trägt – auch außerhalb der St. Franziskus-Grundschule und des Hortes in der Murmansker Straße 13 in Halle. Wer – nach einer bekannten Redewendung – „mit dem Hut in der Hand“ unterwegs ist, „kommt durch das ganze Land.“ Nicht um zu betteln. Sondern dadurch, dass ich freundlich, rücksichtsvoll und höflich bin. Dass ich versuche, es auch dann noch zu bleiben, wenn uns im Schul- und Hortalltag die Wirklichkeit einholt. Sie ist nicht immer so, wie ich es mir vorstelle, wünsche oder erträume. Doch durch mein Handeln kann ich dazu beitragen, dass manches besser wird. Wenn ich so freundlich, rücksichtsvoll und höflich mit anderen umgehe, wie ich es mir von ihnen mir gegenüber auch wünsche.
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger