„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!“
Es wird wohl einen Grund gehabt haben, dass Jesus diesen Satz gesagt hat. Zu finden sind diese, seine Worte in der Bibel im Matthäusevangelium bei Mt. 6, 16. Denn ob ab Aschermittwoch tatsächlich „alles vorbei“ ist, hängt nicht nur von der Fastenzeit ab. Sondern auch davon, was ich daraus mache aus den folgenden vierzig Tagen bis zum Ostersonntag. In diesem Jahr ist das am 31. März. Sechs Wochen ohne Lachen und ohne Freude? Nicht mit mir!
„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!“
Habe ich es falsch verstanden? Fasten hat doch etwas mit Verzichten zu tun. Damit, dass ich mich bei manchem einschränke. Dabei geht es nicht nur darum, weniger zu essen oder weniger zu trinken. Vielmehr, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Jene in den Blick zu nehmen, die zu kurz kommen. Denen es nicht nur am Lebensnotwendigen fehlt. Denen Anerkennung und Annahme versagt bleiben. Die aus welchem Grund auch immer ausgegrenzt und gemieden werden. Jene, die auf der Erfolgsleiter nicht ganz oben stehen. Die übersehen, nicht beachtet und vergessen werden. Um das zu sehen und erkennen zu können, muss ich nicht Europa verlassen. Kinder, Frauen oder Männer in meiner unmittelbaren Nähe erleben das ebenfalls. Ich kann wegschauen, wenn ich ihnen begegne. Ich kann sagen „Was kann ich dafür?“ Oder ich nehme sie wahr. Lächle sie an. Sage ihnen ein gutes Wort. Unterstütze sie nach meinen Möglichkeiten und mit meinen Fähigkeiten. Ein „finsteres Gesicht“ hilft nicht weiter. Vor allem, wenn ich merke, dass sie sich über mich freuen.
„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!“
Auch, wenn es manchen nicht passt: Jesus war kein Oberasket, der anderen die Butter auf ihrem Brot nicht gegönnt hat. Bei jenem ersten Wunder, das er der Überlieferung nach ausgerechnet bei einer Hochzeit in Kana wirkte (vgl. in der Bibel Joh. 2, 1-12), saß er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht trauernd und verbittert in der Ecke. Auf Bitten seiner Mutter verwandelte er Wasser in Wein: Sage und schreibe 600 Liter. Es ist leicht vorstellbar, dass es danach hoch her ging bei den Feiernden. Ist das schlimm?
„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!“
Nicht jeden Tag scheint die Sonne. Auch ich kenne und habe Grenzen – bei mir und bei anderen. Es geht auch nicht darum, alles Schwere und Unschöne beiseitezuschieben oder gar „wegzulächeln“. Das wäre unehrlich. Es hätte mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Mit jener Realität, an der auch ich nicht immer leicht zu tragen habe. Aber wird sie durch Jammern und Klagen besser? Dadurch, dass ich überall ein Haar in der Suppe finden kann, wenn ich nur lange genug danach suche?
In einem alten Poesiealbum habe ich diesen Satz gefunden: "Nie verlerne so zu lachen, wie du jetzt lachst, froh und frei, denn ein Leben ohne Lachen ist ein Frühling ohne Mai". Das ist auch schon dieses Jahr in der Fastenzeit vor Ostern im Februar nicht anders.
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger