Nein, das geht gar nicht. Aus drei Gründen.
Erstens stimmt der Text nicht. Dort heißt es korrekt: „Lasst uns froh und munter sein“ in jenem Lied, dessen Verfasser sich heute nicht mehr eindeutig zuordnen lässt. Von „frech“ ist nie die Rede.
Zweitens dauert es noch bis zum 6. Dezember, ehe der „Nikolausabend da“ ist. Im Frühling hat ein Dezembertermin nichts zu suchen.
Drittens, unsere Kinder in der St. Franziskus-Schule und im Hort sind munter.
Frech sind sie nicht.
Oder vielleicht doch?
Ob jemand frech ist, erlebt ihr oder sein Gegenüber durchaus ambivalent: Wenn sich jemand mir gegenüber unverschämt, respektlos und ohne Achtung verhält, ärgert mich das. Das brauche ich mir von niemandem bieten lassen. Anders sieht es für mich aus, wenn ich auf eine liebenswert-kecke Weise mit jemanden konfrontiert werde, der oder dem der Schalk aus den Augen blitzt. Wenn die mögliche „Provokation“ als Spaß gemeint ist und wir beide darüber lachen oder zumindest lächeln können, finde ich das liebenswert und lustig. Nicht frech.
Jesus war frech. Er nahm denen gegenüber kein Blatt vor den Mund, die sich seiner Ansicht nach falsch verhielten. Manche Schriftgelehrte und Pharisäer konnte er nicht ausstehen. Weil sie nur große Worte machten und keine Taten folgen ließen. In der Bibel im Matthäusevangelium finden sich deutliche Worte in dieser Hinsicht, die Christus an jene richtet, die ihm zuhören: „Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht. Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen.“ (vgl. Mt. 23, 3f.) Ja, das war frech! Wohl nicht nur nach Ansicht derer, die Jesus damit verbal angriff. Doch war es wirklich so falsch? Oder traf Jesus im übertragenen Sinn den Nagel auf den Kopf, mit dem, was er deutlich beim Namen nannte?
Unverblümt sind sie, manche Kinder. Nicht nur hier in der St. Franziskus-Grundschule und im Hort. Weil sie nicht um den heißen Brei herumreden. Sondern zum Ausdruck bringen, was sie denken, erleben und fühlen. Geht das wirklich gar nicht? Oder doch?
Mir hilft es im täglichen Miteinander, wenn ich weiß, dass mir jemand nichts vormacht. Mir nicht ins Gesicht lächelt, salbungsvolle Worte findet und sich in Wahrheit etwas ganz Anderes, Gegenteiliges, Verletzendes denkt. Etwas, das sie oder er keinesfalls in Worte fassen würde. Natürlich macht der Ton die Musik. Immer und überall.
Echtheit und Geradlinigkeit sind mir lieber als Falschheit, Lüge oder Bauchpinselei. Daher darf es meiner Ansicht nach sein. Im Frühjahr 2024. In der St. Franziskus-Grundschule. Woanders übrigens auch: „Lasst uns frech und munter sein!“
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger