Alle Jahre wieder beginnt sie, die Zeit vor Weihnachten. Alle Jahre wieder überlegen sich Menschen, wie sie womit einander Freude schenken können. Nicht, weil sie es müssten. Sondern, weil sie selbst es möchten. Kleidungsstücke werden jahreszeitbedingt ebenfalls angepasst und zu Hinguckern. Wie jener Pulli eines Schülers, den heute stolz trägt. Mir war neu dabei, dass lächelnde Dinos (oder ist es eine Art Krokodil?) Geschenkpäckchen bringen.
Vorweihnachtliche Aktivitäten bleiben auch in der St. Franziskus-Grundschule und im Hort nicht aus: Liebevoll mit viel Fantasie dekorierte Räume zeigen, dass eine besondere Zeit im letzten Monat des Kalenderjahres beginnt: Die Zeit des Wartens. Christen bezeichnen sie als „Adventszeit“. Dabei erwarten sie den, der als Gottessohn an Weihnachten in die Welt kommt. „Advent“ kann ich im Deutschen mit „Ankunft“ wiedergeben. Als kleines Kind kommt er an, dieser Jesus. Wird in eine Krippe gelegt in einem kalten Stall in Betlehem. Weil für seine Eltern kein Platz mehr in der Herberge war. Nicht als Weihnachtsmann mit „Ho, ho, ho“ in einem roten Mantel, der mit weißem Pelz verbrämt ist, erscheint er. Erst recht nicht als Werbung für das Produkt einer amerikanischen Getränkefirma, die damit vor Jahrzehnten bereits einen besonderen Werbecoup landete. Denn 1931 gestaltete der Cartoon Zeichner Haddon Sundblom im Auftrag jenes charakteristische Wesen mit seiner roten Zipfelmütze. Mit dem christlichen Fest hat er nichts zu tun.
Still, leise und vielfach unbemerkt erblickt das Jesuskind in jener besonderen Nacht das Licht der Welt. Einer Welt, die auch zu seiner Zeit alles andere als friedlich und für viele nicht allzu idyllisch war. Nicht als Werbegag. Sondern geboren von einer menschlichen Mutter als sichtbares Geschenk eines Gottes für die, die ihm wichtig sind. Für jene, die er nicht abgeschrieben hat. Auch damals gab es wie heute Menschen, die einander lieb hatten und einander hassten. Vor allem Letzteres ist der Weihnachtsstimmung nicht zuträglich. Und jetzt?
„Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; es ist der Christus, der Herr.“ Jene Worte der Weihnachtsbotschaft, die sich in der Bibel im Lukasevangelium bei Lk. 2, 11 finden lassen, sind für manche Menschen etwas, mit dem sie nichts oder nichts mehr anfangen können. „Wo warst du, Gott, als es mir schlecht ging?“ „Du hast mich doch im Stich gelassen, als ich dich gebraucht habe.“ „Ich hatte gebetet – du hast mir nicht geholfen!“ Sätze wie diese passen nicht zu jener Zeit vor dem Weihnachtsfest. Spiegeln sie doch wider, dass ich nicht alles im Griff habe. Nicht alles und jedes bestimmen und Gott weder berechnen oder zu etwas zwingen kann. Manchmal bin ich machtlos. Hilflos, einsam und alleingelassen. Auch 2024 ist es wie alle Jahre wieder: Menschen fürchten sich vor dem 24. Dezember, während andere feiern und sich nicht nur über Geschenke freuen. „Retter“, „Heiland“, „Erlöser“. Sind diese drei Begriffe, die sich mit dem menschgewordenen Gottessohn nicht nur an Weihnachten verbinden lassen, tatsächlich nur Attribute für Jesus, die ausschließlich gläubigen Christen Freude machen? Die neue Hoffnung schenken? Zuversicht, auch und sogar dort, wo aus welchem Grund auch immer von „I’m dreaming of a white christmas“ keine Spur mehr zu finden ist? Ist das Fest der Geburt Jesu wirklich nur noch eines, bei dem Kommerz, Überfluss und Kitsch fröhlich Urständ feiern?
„Fürchtet euch nicht!“ Manche haben nichts oder nichts mehr zu lachen. Weil ihre Probleme, Sorgen und Ängste auch an Weihnachten sichtbar und spürbar sind. Sie sich trotz allem Lichterglanz nicht verbergen oder schönreden lassen. Niemand hat keine Sorgen. Doch vielleicht stehen sie gerade in einer Zeit wie dieser einmal nicht an erster Stelle. Verstellen mir nicht den Blick für das, was mich lächeln lässt. Was mir Freude bereitet und mir Mut macht, nicht aufzuhören, trotz allem an das Gute zu glauben. Wie auch immer es für mich persönlich aussieht und welche Form es hat. Nicht alles ist schlecht und aussichtslos. Nicht nur in der Zeit vor Weihnachten. Jener Pulli mit dem lächelnden Dino (oder ist es doch ein Krokodil?), den Geschenken, dem Rentier und dem Weihnachtsmann zeigt mir das.
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger